Gesichter der Straße

07.10.2024

Hektik und Individualismus prägen unseren Alltag. Dadurch werden Menschen am Rande unserer Gesellschaft leider häufig übersehen. Zu diesen Übersehenen gehören auch obdachlose und von Armut betroffene Menschen. In Frankfurt nutzen bis zu 180 von ihnen das Frühstücksangebot des Franziskustreffs – an nur einem Morgen.

Ihre Geschichten zu hören und ihnen ein Forum zu bieten, ist von entscheidender Bedeutung. Für sie selbst. Und für uns alle. Denn die Erzählungen von Mitmenschen in Not bringen ihre besonderen Lebenswege zum Vorschein, hinter Statistiken oder anonymen Gesichtern. Machen sichtbarer: Obdachlose Menschen gehören zu uns. Sie sind Teil unserer Gesellschaft.

Hinzusehen und zuzuhören: Das bedeutet auch, ihnen die Hand zu reichen. Um als Gesellschaft zusammenzurücken. Niemanden zurückzulassen. Ein Bewusstsein, das für viele Betroffene auch den Weg zurück erleichtert.

Gegenüber obdachlosen Menschen sind Vorurteile immer noch weit verbreitet. Um diese abzubauen, hilft es, ihre Geschichten weiterzuerzählen. Zu zeigen: Obdachlosigkeit kann jeden treffen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Und liegen oft außerhalb der Kontrolle der Betroffenen.

Öffentlichkeit herzustellen, hilft vielen, die selbst ein Zuhause haben, die komplexen Ursachen und Auswirkungen besser zu verstehen. Empathie und Mitgefühl helfen wiederum dabei, aufeinander zuzugehen. Und sie regen an, aktiv nach Lösungen zu suchen. Und sich insgesamt für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen.

Mehr als eine Scheibe Brot

Der Franziskustreff ist ein Ort, an dem obdachlose und arme Menschen ihre Würde spüren können. Ganz im Sinne des Gründers Bruder Wendelin († 2010) führen die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden das Hilfsangebot weiter. Nun schon im zweiunddreißigsten Jahr: Zuvorkommend und respektvoll bedienen sie die Gäste, mit einem Frühstück am Platz. Diese wählen selbst nach Geschmack und Appetit aus einem reichhaltigen Angebot bester Lebensmittel. Und in der Sozialberatung gleich nebenan besteht die Möglichkeit, sich fachlich helfen und beraten zu lassen.

Um dieses Angebot überhaupt annehmen zu können, brauchen viele Gäste etwas Zeit, um sich dazu durchzuringen. Doch wer regelmäßig kommt, vertraut sich den – dann nicht mehr ganz so fremden – immer freundlichen Gesichtern auch mal an. So erfährt das Team an den Tischen und besonders in der Sozialberatung von vielen Schicksalen. Manchen ist es wichtig, auch öffentlich über ihre schwierige Lebenslage zu berichten. Damit noch mehr Menschen über die Hintergründe zu Obdachlosigkeit erfahren. Und darüber, was es wirklich heißt, auf der Straße leben zu müssen. Das ist Aufklärung, die das alltägliche Leben in unserer Gesellschaft für obdachlose Menschen erleichtert.

Für sie selbst kann das Erzählen ihrer Geschichten eine Form der Ermächtigung sein. Gehört und wertgeschätzt zu werden, kann ihr Selbstwertgefühl stärken. Und ihnen neue Hoffnung und Motivation geben, ihre Situation zu verbessern.

Dieses Vertrauen ehrt uns. Und wir sind dankbar für diese Möglichkeit, Obdachlosigkeit stärker in den Blickpunkt der Gesellschaft zu rücken.

Gesichter der Straße

So entstanden in den vergangenen Jahren einige Beiträge. Darin kommen Gäste des Franziskustreffs selbst zu Wort.
Um ihnen zu Sichtbarkeit zu verhelfen, sind die Kurzfilme aus unserer Mediathek umgezogen. Jetzt thematisch gebündelt auf einer eigenen Seite:
www.franziskustreff.de/gesichter-der-strasse

Damit bringt der Franziskustreff auch online Menschen aus den verschiedenen Lebensrealitäten zusammen. Mit der Chance, einander (besser) zu verstehen.

Das Erzählen und Zuhören von Geschichten obdachloser Menschen macht einen Unterschied. Es ist ein Akt der Menschlichkeit und Solidarität. Indem wir ihre Stimmen hören, können wir gemeinsam Wege finden, um Obdachlosigkeit zu bekämpfen und eine bessere Zukunft für alle zu gestalten. Für eine gerechtere und mitfühlendere Gesellschaft, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, gehört und unterstützt zu werden.

Wir wünschen interessante und berührende Momente beim Anschauen.