Deja-vú im Historischen Museum

24.05.2024

Kulturell, politisch, spannend: im Rahmen des Freizeitformats ReBeCa, kurz für Reden – Begegnung – Café, haben sich Gäste des Franziskustreffs mit Ursachen und Folgen der Inflation auseinandergesetzt. Gemeinsam besuchten die obdachlosen und von Armut betroffenen Menschen das Historische Museum in Frankfurt am Main. Kulturwissenschaftlerin Anita führte die Gruppe durch die Ausstellung „Inflation 1923. Krieg. Geld. Trauma.“

Zum Frühstück im Franziskustreff kommt Anita (Name von der Redaktion geändert) auch selbst jeden Morgen. Hier werden sie und die anderen Gäste nach ihren Wünschen gefragt und können wählen. Tee oder Kaffee? Wurst oder Käse? – hier bekommen Mitmenschen in Not ein leckeres Frühstück und auf Wunsch auch Beratung. Und auch die Mittwochnachmittage gestalten sie nach ihren Wünschen selbst. Das Team im Franziskustreff setzt diese gern um und organisiert vom Bastelnachmittag bis zur Krimilesung, was möglich ist. Und bei ReBeCa kann sich jeder und jede mit besonderen Talenten einbringen. Diese Gelegenheit nutzen Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen, um anderen, denen es nicht so gut geht, mehr Anteil an gesellschaftlichem Leben zu ermöglichen. Die anfangs vor allem durch ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende organisierten Nachmittage gestalten mittlerweile auch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit. Und auch die Gäste bringen sich zunehmend selbst mit ein. So auch Anita. Mit ihrer langjährigen Erfahrung als Kulturwissenschaftlerin bereitete sie den Museumsbesuch sorgfältig vor.

Und hatte dabei ein Deja-vú: Die Ähnlichkeiten der Sorgen und Probleme in der Inflation zwischen den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und heute sind, gerade für obdachlose und arme Menschen, verblüffend. Mit einer ganzen Menge Wissenswertem im Kopf und Vorfreude im Herzen führte Anita die Gruppe vom Franziskustreff zum Historischen Museum.

Von Gast zu Gast

Die liebenswerte Frankfurterin ist für alle Teilnehmenden an diesem Mittwochnachmittag ein vertrautes Gesicht. So war die Atmosphäre auch in der ungewohnten Umgebung des Museums so locker und offen wie beim Frühstück morgens im Franziskustreff. Gespannt folgen alle ihren Ausführungen und stellten viele Fragen. In Anitas informativen Antworten erkannten sich auch die Gäste wieder: Ihre Situation erlebten schon Generationen vor ihnen. Und Inflation trifft die wirtschaftlich Schwächsten in der Gesellschaft immer am härtesten.

Was Inflation bedeutet, das weiß Anita leider nicht nur aus fachlicher Sicht: Sie hat selbst wenig zum Leben. Um sich ausreichend und gut zu ernähren, ist sie, wie viele der täglich bis zu 180 Gäste, dankbar und froh um die Hilfe der Wohltäterinnen und Wohltäter. Denn sie ermöglichen dem Franziskustreff mit ihren Spenden, ein reichhaltiges Frühstück, von Kaffee über Fitnessteller bis zu kleinen schmackhaften Überraschungen nach Wahl, anzubieten. Und dazu die Sozialberatung. Für alle, die noch weitere Hilfe möchten.

Auch beim Begegnungs-Café ReBeCa stehen die Wünsche der Gäste an oberster Stelle

Nach vielen Jahren Hilfe durch den Franziskustreff wollte Anita etwas zurückgeben. ReBeCa bot ihr nun die Möglichkeit, das auf ihre Weise zu tun. Und der Museumsbesuch war auch so etwas wie ein „Comeback“ für sie. Denn schon früher hatte sie Ausflüge wie diesen mitorganisiert. Allerdings brachte die Corona-Pandemie diese Aktivitäten zum Erliegen.

Darum freute sich Anita umso mehr, nun die gemeinsame Spurensuche in Sachen Inflation vorbereiten zu können. Und da macht sie keine halben Sachen: Trotz knapper Kasse investierte sie Geld in vier Vorab-Besuche der Ausstellung inklusive des Katalogs – und recherchierte ausführlich zur aktuellen Situation in unserem Land.

Die Begeisterung der Gruppe beim Museumsbesuch: für Anita eine schöne Bestätigung ihrer Arbeit. Zufrieden lässt sie sich beim abschließenden Cafébesuch das leckere Stückchen Torte schmecken und den Nachmittag im Kreis der anderen ausklingen. Genau wie der Franziskustreff macht sie weiter: für Teilhabe auch obdachloser und armer Menschen in der Gesellschaft – auch in der Kultur. Danke, liebe Anita! Schön, dass du da bist!

 

*Name von der Redaktion geändert