Ein ganz neuer Weg

DEN WEG BAHNEN Unser Gast Joachim war bereit, uns zu berichten, wie er seine Tage in der Obdachlosigkeit gestaltet. Und welche Wege für ihn überhaupt noch gangbar sind. Aufbruch Manchmal ist ein Gespräch der Anfang, so wie unser Interview. Joachim fasste den Mut mit unserer Sozialberaterin zu sprechen. Gleich zu Beginn unseres Gesprächs erwähnt Joachim, was ihm das Frühstück im Franziskustreff bedeutet: „Eine Wohltat für die Seele...“, ein wahres „Highlight am Tag“. Kann man sich als Gastgeber ein größeres Kompliment vorstellen? Joachim geriet vor vier Jahren in die Obdachlosigkeit. Aus der Selbstständigkeit ging es quasi direkt ins Nichts. Fehlende Organisation, das Vernachlässigen notwendiger Bürokratie und psychische Herausforderungen führten zum Verlust der Wohnung und des geliebten Berufes als Landschaftsarchitekt. Seitdem schläft Joachim mit zahlreichen anderen Obdachlosen am Flughafen. Dort bekam er auch den Hinweis auf das Frühstück im Franziskustreff. Schnell merkte er, dass wir unseren Gästen mehr bieten als ein einfaches Frühstück. Natürlich schätzt er die Qualität der Speisen und die kreative Vielfalt. Aber noch vielmehr spürt und genießt er eine „geordnete Atmosphäre“. Eben einen Raum, in dem wir Bedürftige mit Würde behandeln und sie zur Ruhe kommen lassen. Für einen durch und durch reflektierten Menschen wie Joachim ist dies eine wahre Wohltat. Denn Obdachlosigkeit fordert Geist und Körper in extremer Art und Weise. So erzählt er uns, dass er nie mehr als zwei bis vier Stunden Schlaf am Stück findet. Und selbst dann muss er noch aufpassen, nachts nicht bestohlen zu werden. Also versucht er, tagsüber „nachzuschlafen“. Und er sammelt Flaschen, um sich von diesem Geld alle paar Wochen ein Hotelzimmer leisten zu können. Dort schläft er dann in Ruhe aus. Und lässt Körper und Geist wieder zu Kräften kommen. Zwischen Literatur und Flaschensammeln Die Krise macht seinen „strengen Tagesablauf“ nicht einfacher. Da weniger Menschen unterwegs sind, fallen weniger Flaschen an. Dazu kommt inzwischen ein regelrechter Verdrängungswettbewerb. Das Sammeln wird zum ausschließlichen Tagesziel. Dabei war es Joachim immer wichtig, weiterhin am Leben und der Kultur der Stadt teilzuhaben. So achtet er extrem auf sein Äußeres und 6 FRANZISKUSTREFF -STIFTUNG

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